Starkult (Part 1)

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Nur wenige konkrete Ziele hatte ich mir für meine Reise durch das Vereinigte Königinnenreich gesteckt. Die seltene Chance auf den Besuch eines für mich persönlich besonderen Ortes wollte ich mir aber nicht entgehen lassen. Mehr oder weniger sollte der Zufall entscheiden wann ich dort ankomme. Es liegt auf dem Weg. Irgendwann. Früher oder später.
Ich war noch nie dort. Aber es gibt eine starke Verbindung. Ursprungsort meiner absoluten Lieblingsmusik. Seit mehr als vier Jahrzehnten. Klingt crazy, -ist aber okay, finde ich! Keine Musik, hat mich über eine so lange Zeit emotional angesprochen wie die von Led Zeppelin. Bis heute. Und besonders das Album „Led Zeppelin III“. Geschrieben 1970 an einem abgelegenen Ort in Wales namens Bron-Yr-Aur. Details dazu später, weil ich bin ja noch nicht dort.

Warum erzähle ich das jetzt? Weil der Zufall mich auf eine besondere Weise schon heute mit diesem Thema in Verbindung bringt. Angefangen in einem Antiquitäten-Laden in Hay on Wye. Immer auf der Suche nach einer attraktiven Erweiterung meiner Vasensammlung fällt mir in einer Vitrine zwischen Spitzendeckchen und Ölgemälden ein Exemplar des legendären Albums Led Zeppelin III auf. Die Platzierung lässt mich schmunzeln und der geforderte Preis wundern. 220 Britische Pfund! Erstpressung, gut erhalten! Ich kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen, an diesem Ort um mich herum haben sich hunderte Zep-Fans versammelt.

Aus meinem Reiseführer wusste ich bereits, dass Hat on Wye, als Dorf zu groß und als Kleinstadt zu klein, berühmt wurde durch einen cleveren, geschäftstüchtigen und äußerst kreativen Buchhändler. Er hat hier nicht nur zur höchsten Dichte weltweit an Secondhandbuchläden angeregt (gerechnet pro Einwohner). Den gewählten Heimatort hat Richard Booth zu einem Königreich ernannt. Und sich selbst zum König. Auf seine Initiative ist 1977 das Hay-Festival entstanden. Von Jahr zu Jahr wurde es größer. Ein Literaturfestival, an dem hochkarätige Autorinnen und Autoren eintreffen, Lesungen halten, Bücher signieren, – und sich selbst feiern.
Ich dachte mir, – da muss ich NICHT hin! Viel zu viele Menschen, überteuerte Gastronomie,….
Neugier verleitet mich in einem Café zum Aufschlagen der 120-seitig dicken Programmbroschüre. Ich fange mittendrin an. Und der erste von mir gelesene Programmpunkt lautet: „Jimmy Page talks to Dylan Jones“. Wer ist Dylan Jones? Jimmy Page jedenfalls ist „Mein Gitarrengott“ ever! Und der soll hier sein? In diesem großen Dorf? In dieser kleinen Kleinstadt? Zur gleichen Zeit wie ich? Bestimmt ausverkauft!

Ein wenig aufgeregt, zugegeben ganz doll aufgeregt, erzähle ich der sympathischen Frau am Ticketschalter, -als ob es sie interessieren könnte, dass ich eigentlich nur zufällig hier bin, aber unbedingt zu Jimmy Page möchte. Sie lächelt mich an, ich sei ja wohl ein Fan von ihm, und fragt, ob ich das 12-Pfund-Ticket cash oder mit Karte zahle? Mein Glück treibt mir einige Tränen in die Augen. Und nach der Investition von weiteren 45 Britischen Pfund für die ganz frisch herausgekommene „Jimmy Page Anthology“ wird mir klar was Starkult bei einem Menschen anrichten kann.

Mit dem frühzeitige Erscheinen zum Einlass der Veranstaltung werde ich belohnt: Ein Platz in der zweiten Reihe. Aus nächster Nähe, keine zehn Meter entfernt, ein unverstellter Blick auf das Musik-Idol seit meiner Jugend.

Dylan Jones übrigens, so habe ich gegoogelt, ist ein bekannter Musikjournalist. Er hat unter Anderem schon mehr als 20 Bücher über Künstler der Popkultur veröffentlicht. Auf seine Fragen an Jimmy Page zu seiner frühesten Laufbahn und langen Karriere als Musiker kommen kurzweilige Antworten. Gut verständlich und streckenweise sehr humorvoll plaudert Page aus seinem Leben. Man könnte ihm stundenlang zuhören. Und jedem Zuhörer im Publikum ist klar, bei der Kürze der Veranstaltung wird es keine komplette Zusammenfassung seines bewegten Lebens geben können. Er nimmt nach ca. 90 Minuten freundlich seinen Strohhut und verabschiedet sich würdevoll wie ein Gentleman vom tosend applaudierenden Publikum. Zugaben gibt er keine mehr und seine Bücher bleiben unsigniert. Schade, denn mich hat der Starkult erfasst. Aber mir bleibt ja noch Bron Yr Auf Cottage. Und das wird nicht mehr der Zufall entscheiden.

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4 Antworten

  1. rosella
    Hallo Mario, lese das gerade mit angehaltenem Atem. Freue mich mega für DICH! und die Dame am Schalter, die hat sicherlich erkannt, dass hier jemanden was außergewöhnliches begegnet… FanKult lebe hoch. Und, ich lade uns direkt zum CD hören bei Dir ein! Liebe Grüße. Rosella
  2. Manuela
    Celebration Day – weil es so viel zu feiern gibt! Der Sommer, das Leben, das Thron-Jubiläum der Queen, Pfingsten natürlich und deine Reise 🤗
  3. Manuela
    Es wird der Tag kommen und du wirst einer der Stars dieses Literaturfestivals sein! Mario, deine Fotos mochte ich schon immer; deine Poesie ist mindestens genau so wunderbar. Berührend. Ich möchte immer weiter lesen. Schauen natürlich auch. Ich freue mich so sehr, mit-reisen zu dürfen. Und wohl noch mehr freue ich mich darüber, dass diese Reise sich so liest und anfühlt, wie ich es an unserem letzten Abend mit Worten nicht ganz auszudrücken vermochte. Eben weil es ein Gefühl war und ist. Ganz liebe Grüße und Danke! 🇬🇧😍 Manuela
  4. Olaf Haase
    Hi Mario, das musste so kommen und hast Du Dir verdient. Ich lege mir erstmal die besagte Scheibe rein (CD) Liebe Grüße aus Hüsede, eins der Led-Zeppelin Fan-Mekkas. Olaf

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