Eigentlich fängt die Geschichte vor über 5.000 Jahren an. Aber wir wollen es kurz machen und beginnen im Jahr 1615. In dem Jahr wurde Patrick Stewart, 2. Earl of Orkney und bekanntermaßen ein ganz fieser Knopf wegen Hochverrats hingerichtet.
Die unrechtmäßig erworbenen Ländereien dieses Tyrannen, der die Inselbewohner ausgebeutet und geknechtet hat, gingen auf den Bischof von Orkney George Graham über. Und der errichtete in guter Lage an einer spektakulär schönen Bucht auf dem Mainland von Orkney in den 1620er Jahren ein anfangs schlichtes Herrenhaus. Grahams Sohn wurde Laird, was soviel wie ein Gutsherr ist, und das Anwesen wurde von diesem Zeitpunkt an in der Linie der Lairds from Breckness immer wieder weitervererbt. Das Gebäude, – man sieht es ihm deutlich an, wurde über die vier Jahrhunderte währende Geschichte ständig erweitert.
Von außen sieht das Herrenhaus kühl und grau aus. Und die Gartenanlagen haben sichtlich schon mal bessere Zeiten erlebt. Aber innen überrascht das Skaill House mit interessanten lebendigen Geschichten und z.T. sehr persönlichen Erinnerungen der früheren Bewohner.
Und seit 1850 ist es untrennbar mit Skara Brae, den spektakulären Siedlungsfunden aus der Jungsteinzeit verbunden. Dafür bin ich eigentlich an diesen Ort gekommen. Für die 5.000 Jahre alten steinzeitlichen Behausungen.
Die Eintrittskarte dafür gilt aber für für beides. Und warum nicht erst mit der jüngeren Geschichte anfangen?
An meinem Besuchstag, es ist Sonntag und gegen Mittag, wird jeder ankommende Gast im Skaill House auf besonders freundliche Weise begrüßt und mit einladenden Worten in den Rundgang durch das Gebäude eingeführt. – Ob drinnen auch Hunde erlaubt seien fragt ein Besucher, der ungefähr zeitgleich mit mir eingetroffen ist. Aber natürlich, sehr gerne, sagt der freundliche Mann, der uns empfängt. Er sähe es dem Hund schließlich sofort an, wie wohlerzogen er sei. Und welche Rasse es ist weiß er auch.
Ich begebe ich mich von der Eingangshalle in den ersten Raum und stehe vor einer fürstlich gedeckten Tafel. Noch beeindruckt von der eben erfahrenen Freundlichkeit würde ich mich nicht wundern, wenn man mich jetzt auch noch zu Tisch bitten würde. Ich würde nicht nein sagen. Alles sieht so gemütlich und einladend aus.
Auf Porzellan mittlerweile besonders sensibilisiert, 😉 zieht das florale Service in der Wand-Vitrine meine volle Aufmerksamkeit auf sich. Interessant: Dieses Geschirr wurde irgendwann um 1750 herum in China gefertigt und hat unbeschadet nicht nur den weiten Weg nach Europa geschafft. Es hat auch auf den Entdeckungsreisen der HMS Resolution dem berühmten Captain James Cook und seinen Offizieren als Essgeschirr gedient.
Cook kam am 14. Februar 1779 auf Hawai ums Leben. Er wurde getötet. Seine übriggebliebene Manschaft setzte die Segel, um schnellstmöglich wieder nach England zurück zu kommen. Kurz vor der Heimat wurde die Crew der beiden Schiffe HMS Resolution und HMS Discovery durch starke Stürme zu einem Zwischenstopp auf Orkney gezwungen. Sie wurden im Skaill House aufgenommen und ließen später das Tafelgeschirr als Gastgeschenk zurück. Heute ist es immer noch intakt, wird aber nur noch bewundert. Das nenne ich mal Nachhaltigkeit!
Man bekommt Zutritt in beinahe alle Räumlichkeiten des Hauses. Und wie in einem Museum werden auf ansprechenden Tafeln die jeweiligen Exponate erklärt.
Im Salon blickt vom Boden ein Tigerfell mit offenem Maul den Besucher an. Gesäumt und leicht vergilbt hat dieses an und für sich majestätische Tier gänzlich jeden Schrecken und Respekt verloren, den es vielleicht einst einmal in Indien auszustrahlen vermochte.
Waffen, Bücher, Gemälde, – alles, was man so aus Schlösser, Burgen und Herrenhäusern kennt bekommt man auch hier zu sehen. Aber im Skaill House ist es irgendwie anders! Warum? Kein Museumspersonal passt darauf auf, dass ein Besucher den Dingen zu nahe kommt, oder sich womöglich etwas von den vielen kleinen Kostbarkeiten für die eigene Sammlung in die Tasche steckt. Keine Kameras, die aus den Ecken mit blinkenden Lämpchen signalisieren: ich beobachte Dich!
Dieses Vertrauen den Besuchern gegenüber passt auch zu der Präsentationsweise der Lebensgeschichten, die man über eine der letzten Bewohnerinnen erfahren kann. Ungeschönt, authentisch, persönlich.
Kathleen Scarth hat bis zu ihrem Tod 1991 noch hier gelebt. Sie war die zweite Frau von Colonel Scarth, dem 11th Laird from Breckness. Ihr Badezimmer sieht so garnicht nach Gutsherrenart aus. Betritt man ihr Schlafgemach könnte man denken, sie sei eben gerade noch hier gewesen aber schon länger nicht mehr zum Aufräumen gekommen.
Am Ende meiner Tour betrachte ich eine große moderne Porträtfotografie. Major Malcolm Macrae, the 12th Laird of Breckness. Ich erkenne ihn wieder, den freundlichen Hundekenner. Der Mann, der die Touristen im Skaill House wie persönliche Gäste begrüßt.
Ob ich auch ein Foto von ihm machen dürfte für meinen Reiseblog frage ich ihn und weiß auch schon die Antwort. Wir kommen ins Gespräch und ich erfahre nicht nur etwas über Leichen unter dem Holzfußboden und über Gespenster des Hauses, sondern auch, dass er eigentlich Landwirt sei und er heute, wäre es nicht so feucht, auf einer Erntemaschine sitzen würde.
Er war zwischendurch auch mal 10 Jahre lang Berufssoldat und war in einigen Ländern im friedlichen Einsatz. Ob er auch schon mal in Deutschland gewesen sei? Ja, er kennt Osnabrück und Sennelager.
Dass er selbst schon Erfahrungen mit Gespenstern auf seinem Anwesen gemacht hat erfahre ich glücklicherweise erst später über die Internetseite. -> https://skaillhouse.co.uk/
In der Nacht zuvor nämlich hatte ich mich von meinem einsamen Spaziergang am Strand neugierig dem Gebäude genähert um in der besonderen spukigen Atmosphäre noch ein paar Fotos zu machen. Als ob ich es geahnt hätte.
Und was war an diesem Ort vor 5.000 Jahren? Davon erfährst Du in meinem nächsten Beitrag.
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