Um es gleich schonungslos vorweg zu sagen, Belfast ist alles andere als eine Schönheit! Ein stilloses Gesamtbild herrscht über diese Stadt. Oftmals Wand an Wand, so nah, dass es schon weh tut, stehen im wilden Mix Altbauten zwischen linkerhand modernster Architektur und rechtsseitig gepflegten Zeugen aus prachtvoller Vergangenheit. Dass die Fassaden auch noch unterschiedlich hoch sind sagt uns, einen langfristigen Bebauungsplan scheint es nicht gegeben zu haben. Und wenn, dann wurde der durch die immer wieder wechselvolle Geschichte durchkreuzt.
Die Hauptstadt von Nordirland im Vereinigten Königreich Großbritannien ist die zweitgrößte Stadt der irischen Insel nach Dublin. Im 18. und 19. Jahrhundert hatte sich die Hafenstadt zu einem Industriestandort entwickelt und konkurrierte mit den Industriestädten Glasgow und Manchester. Zeitweise gab es hier die größte und produktivste Werft der Welt, berühmt geworden auf schicksalhafte Weise durch die Titanic.
Schon nach dem Ersten Weltkrieg ging es wirtschaftlich bergab. Und starke Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg haben zu einem Niedergang der Schwerindustrie geführt. Nach London war Belfast die Stadt, die die zweithöchste Zahl der Todesopfer und die größten Schäden zu verzeichnen hatte.
Auch die Jahrzehnte danach waren mit all den politischen Unruhen für eine attraktive Stadtentwicklung nicht unbedingt ideal. Erst in jüngster Zeit ist eine kontinuierliche Investitionsfreude zu erkennen und man versucht viel Versäumtes aufzuholen. Dafür stehen nun die Zeichen gut. Die lebhafte Stadt zeigt sich entspannter als in vergangenen Zeiten in denen die Fassadenmalereien mehr politisch zu deuten waren. Heute ist man mehr kreativ, multikulturell und weltoffen.
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Ich hatte das große Glück, in der städtischen Kunstgalerie THE MAC eine Ausstellung von Ron Mück, dem in Australien geborenen Bildhauer sehen zu können.
Seine Menschenplastiken aus Fiberglas und Silikon sind entweder über- oder unterdimensioniert. – Eines haben sie aber gemein, sie sind auf beeindruckende Weise bis ins allerkleinste Detail realistische Nachbildungen menschlicher Körper. Die ausgestellten Plastiken stellen menschliche Themen wie Geburt, Leben, Jugend, Alter und Tod dar.
Titanic Museum
Mit einem einzigartigen Bauwerk ist es zumindest im Hafenviertel gelungen, durch neuzeitliche Architektur ein Bild von Modernität zu erzeugen. Mit viel Platz drumherum und daher weithin sichtbar, steht im Belfaster Hafen das Titanic-Museum, eines der modernsten Museen Irlands.
Ohne gewohntem Pathos wird hier die Geschichte des wohl bekanntesten Passagierschiffes der Welt vom Anfang bis zum tragischen Ende und darüber hinaus bis zur Wiederentdeckung erzählt. Der Eintrittspreis dafür ist recht hoch. Aber die Wissensvermittlung erfolgt nach State of the Art. Umfang und Qualität sind ihr Geld wert. Modernste Präsentationstechniken informieren, zum Teil interaktiv, über sämtliche Themen, die das Schiff haben entstehen, – und auch schnell wieder untergehen lassen. Besonders beeindruckend und mit Gruselfaktor ist zum Ende der Ausstellung der Gang über einen Plexiglasboden unter dem die Kameraaufnahmen des in der Dunkelheit beleuchteten Wracks gezeigt werden. Eine Stimme im Off beschreibt das plötzlich Sichtbare und verstärkt die Spannung. Man bekommt das Gefühl, selbst in dem Tauchroboter zu stehen und bei der Entdeckung dabei zu sein. Auch nach über einem Jahrhundert Versunkenheit in düsterer Tiefe sind noch immer Reste vom Schiffsinterieur sowie persönliche Gegenstände von Passagieren zu erkennen. Gruselig, was da unter seinen eigenen Füßen auftaucht.
Draußen vor dem Museum liegt in einem Dock die SS Nomadic, das letzte noch existierende Schiff aus der Linie der Titanic-Generation. Erst 2006 kehrte sie nach vielen Zwischenstationen und Zweckentfremdungen wieder in ihren Heimathafen zurück wo sie einst gebaut wurde. Mit diesem relativ kleinen Schwesternschiff der Titanic wurden ursprünglich First- und Second-Class-Passagiere zu den damaligen Olympic-Luxuslinern gebracht. Im Zweiten Weltkrieg diente es als Truppen-Boot. Danach wurde es als Zubringer für Transatlantik-Liner in Frankreich eingesetzt.
Später wurde es horizontal zerteilt um es in Paris unter den niedrigen Seine-Brücken bugsieren zu können zu einem neuen längerfristigen Standort. Dort, wieder zusammengeschweißt, diente es jahrelang als Restaurant-Schiff.
Nach über 100 Jahren kam es nach Belfast zurück. Man machte sich daran, einen großen Teil der Innenausstattung wieder in den Originalzustand zu bringen und es als authentischen Zeitzeugen zu präsentieren.
Besonders berührend in der jetzigen Ausstellung sind die Portraits und Biografien der Menschen, die auf diesem Schiff zu ihrer letzten Reise auf der Titanic gebracht wurden.
Olaf
Nici
Angelika
Mario
C. Emma
Mario
Helga Bernhardt
Mario