Eine TV-Dokumentation auf ARTE im August letzten Jahres hat mich persönlich besonders bewegt und auf ein Projekt für meine geplante Reise nach Schottland aufmerksam gemacht. „Ein Leben für Tiere – Eine Schottin und ihr Tierhospiz.“
Alexis Fleming, selbst chronisch stark erkrankt, fasste nach der schmerzhaften Erfahrung bei dem Tod Ihres Hundes den Entschluss ein Tierhospiz zu gründen. Totgeweihten Tieren wollte sie zukünftig das Leid erleichtern und den letzten Lebensweg noch so angenehm wie möglich gestalten. Dass ihre geliebte Hündin Maggie einsam in einer Tierklinik sterben musste war für Alexis ein traumatisches und folgenreiches Erlebnis.
Seit vielen Jahren nun engagiert sich die 1982 geborene Schottin für die Rechte von Tieren. Und 2013 gründete sie das, nach ihrer verstorbenen Hündin benannte „The Maggie Fleming Animal Hospice“.
Alexis lebt in Dumfries/Galloway, im südlichen Schottland. Eine Gegend, die mir bisher unbekannt war und ich auf meiner Reiseroute nach Irland ohnehin eingeplant hatte. Die TV-Dokumentation über ihr Projekt war so beeindruckend, dass ich mir einen Besuch bei ihr vorstellen konnte. Und dachte mir, vielleicht gibt es auch, – nach meinen Möglichkeiten -, eine Form der Unterstützung für ihre bemerkenswerte Arbeit.
Die Zeit meiner Ankunft in dieser Gegend war nach meinem bisherigen Reiseverlauf schwer vorhersehbar. Und ob ich tatsächlich Kontakt zu ihr aufnehme sollte der aktuellen Situation überlassen werden. Also besser keine Vorankündigung.
Hier angekommen habe ich mich wieder an die Idee erinnert und mich für eine Besuchsanfrage per E-Mail entschieden. Die Antwort kam bereits nach zwei Stunden. Ich sei willkommen, und das gerne auch schon am nächsten Tag.
Zur Vorbereitung auf den Besuch wäre der ARTE-Beitrag hilfreich. Leider gibt es nur noch eine zweiminütige Kurzfassung.
-> https://www.arte.tv/de/videos/090639-011-A/re-mein-leben-fuer-tiere/
Wikipedia und die website geben umfangreiche aktuelle Informationen:
-> https://de.themaggiefleminganimalhospice.org.uk/
Und mittlerweile ist auch ein Buch von ihr erschienen mit dem Titel: No Life Too Small. Auch in einer deutschen Fassung: Jedes Leben ist wertvoll
Alexis empfängt mich als seien wir bereits befreundet, mindestens aber schon länger miteinander bekannt. Ihre aufgeschlossene und charismatische Art gibt einem sofort das Gefühl, willkommen und „richtig“ zu sein an diesem besonderen Ort. Völlig entspannt und unverkrampft kommen wir sofort in ein intensives Gespräch. Die Themen überschlagen sich. Meine Fragen zu ihrem Projekt überkreuzen sich mit Ihrem Interesse an meiner Reisetätigkeit.
Ihr starker schottischer Akzent zwingt mich zu der Bitte, langsamer zu sprechen. Lächelnd zeigt sie Verständnis, vergisst es aber schnell wieder. Zuhören kann auch Schwerstarbeit sein. Dabei bewegen wir uns auch noch über das Hospizgelände. Eindrücke prasseln nur so auf mich ein.
Begleitet von Hunden, die sich eindeutig über Besuch freuen und in mir eine Chance auf einen Spielgefährten sehen. Andere Hunde bellen laut aus den angrenzenden Zwingern. Sie wirken auf mich bedrohlich. Alexis versichert mir, sie seien nur aufgeregt und gäben sich lammfromm sobald sie auch rausdürften. Diese Hunde hat sie aus z.T. erbärmlichen Situationen gerettet. Merkmale körperlichen Quälerein sind manchen Tieren noch anzusehen. Ich darf mich später davon überzeugen, dass die einst verstörten und verängstigten Tiere sogar Vertrauen zu einem fremden Menschen wie mir haben können.
Auf meiner Reise durch Großbritanien bin ich tausenden von Schafen begegnet. Sie haben meistens das Weite gesucht sobald ich ihnen näherkam. Die Schafe hier, vierzehn an der Zahl, kommen auf mich zu und geben mir mit Ihren Köpfen zur Begrüßung einen freundschaftlichen Stoß. Sie spekulieren darauf, dass ich Kekse dabei habe. Alexis gibt mir eine Rolle Hobnobs (ich weiß selbst, wie gut die schmecken) und ich bekomme sofort das einzigartige Gefühl vermittelt, wie es ist, in Wolle zu versinken. Auch das blinde Schaf unter ihnen findet den Weg zur Keksrolle.
Wir bleiben nicht lange mit den Wolltieren alleine. Immer mehr Hühner tauchen auf und wollen ebenfalls ihren Anteil. „Nein, – es sind auf dieser Wiese nur Hähne“, lerne ich. Ungefähr 250 „Rooster“, die Alexis vor dem sicheren Tod gerettet hat. Man hätte ihnen üblicherweise den Hals umgedreht. So ergeht es den wirtschaftlich nicht verwendbaren Tieren zu Hunderttausenden, – täglich! Hier aber dürfen sie um die Wette laufen und um die Wette krähen.
Die 40 Hennen haben ihr eigenes Revier, wo sie getrennt von den Hähnen entspannen können. Unglaublich, dass hier jedes Tier auch einen eigenen Namen hat oder bald bekommen wird. Und noch erstaunlicher, dass Alexis zu beinah jedem Bewohner Ihres Hospizes Charaktereigenschaften benennen kann. Ihre Beobachtungsgabe ist faszinierend.
Ich treffe Stephen mit „Dodger“ Der Hund mit der bunten Fliege am Hals ist schon sehr betagt und dement. Er genießt die Zeit auf dem Arm von Stephen, der hier ist um ein paar Hühner von Alexis aufzunehmen.
Alle sind sehr freundlich hier. Nur vor dem Truthahn soll ich mich in Acht nehmen. Er ist arrogant und aggressiv. – Einer muss nun mal die Rolle des „asshole“ übernehmen. Okay. Ich kann mich sowieso nicht entscheiden, ob die Tiere einfach nur hässlich oder auf Ihre besondere Art schön sind.
Nicht selten haben sich von ihr aufgenommene Haus- und Nutztiere mit der Diagnose einer kurzen Lebensdauer erholt und noch lange überlebt. Vermutlich, weil sie in dem Umfeld von Alexis erstmals Geborgenheit erfahren haben. Wie viel Liebe und Respekt sie den einzelnen Tieren gibt, davon konnte ich mich eindrucksvoll überzeugen.
Selbst von der Autoimmunkrankheit Morbus Crohn betroffen und schon häufig von den Ärzten abgeschrieben, war Alexis nicht nur einmal an einem körperlichen und seelischen Tiefstpunkt. Die Tiere um sie herum haben sie vor der Selbstaufgabe abgehalten. Darüber erzählt sie mir persönlich mit einer hohen Offenheit. Und darüber, wie sehr sie über sich hinaus gewachsen ist durch ihre selbstgewählte Aufgabe. Es hat ungeahnte Kräfte hervorgeholt. Hat sie über ihre eigenen Grenzen hinaus wachsen lassen. Und mittlerweile ist sie weitestgehend beschwerdefrei.
Zu den bisher genannten Tieren, – es leben übrigens zehn Hunde bei ihr -, kommen noch sechs Schweine, vier Katzen, ein Rabe und eine Wachtel. Ich habe bei ihnen nicht nur fotografieren dürfen, sondern tags darauf auch noch ein eintägiges „Praktikum“ machen können.
Es steckt viel Arbeit hinter der Versorgung der Tiere. Für Alexis eine Vollzeitbeschäftigung, die kein Geld einbringt, für die aber enorme finanzielle Mittel benötigt werden. Fundraising ist daher die einzige Möglichkeit der Finanzierung und muss nebenbei auch noch erledigt werden.
Hilfreich, dass der BBC über das Tierhospiz berichtet hat. »The Sun« und der »Guardian« haben darüber geschrieben. Und ein kurzer Dokumentarfilm wurde auf dem Internationalen Filmfestival in Edinburgh gezeigt. Aber es ist ein Fass ohne Boden und immer von der Angst begleitet, dass die Mittel eines Tages versiegen.
Wer dieses wunderbare Projekt unterstützen möchte, und darum bitte ich persönlich, kann dies ohne großen Aufwand tun:
Cornelia Emma
Mario
Ulrike Hofmann
Mario
Ines Schumacher
Mario
Thomas
Mario
Nici
Mario